2.10.2010
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Schäuble spart am gesprochenen Wort
Handelsblatt bringt es ans Licht
Am 9.9. hielt Bundesfinanzminister Schäuble eine Rede bei der Jahrestagung des Handelsblatts in Frankfurt am Main, die dem Thema „Banken im Umbruch“ gewidmet war. Sie trug den Titel „Nach der Krise – Neuausrichtung von Staat und Finanzwirtschaft oder business as usual?“ Die zweite Option bezeichnete Schäuble als strikt unannehmbar.
Er sagte u.a.: „Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat uns deutlich vor Augen geführt, wie verletztlich unser marktwirtschaftliches System geworden ist, ganz besonders die Finanzmärkte. Das liegt natürlich einerseits an der Geschwindigkeit der modernen Kommunikationswege und der Offenheit der Märkte. Aber andererseits hat die Politik, haben die Aufsichtsbehörden durch die Deregulierungsmode der letzten Jahre, auch angefeuert durch weite Teile der Medien, die umfassende Kontrolle über die Finanzmärkte eingebüßt.“
Nach der Medienschelte ungesagt bleibt dann: „Wir mussten erkennen, dass einige Marktteilnehmer die neuen Freiheiten missbrauchten, dass Risiken und Haftung entkoppelt wurden, dass die Finanzmarktakteure die Profite einstrichen und die Staaten und damit die Steuerzahler die Verluste übernehmen mussten.“
Er fährt fort: „Ich bin immer etwas skeptisch, wenn ich von Vertretern der Finanzbranche höre, dass jede erdenkliche Reformmaßnahme zwangsläufig unmittelbar zu einer Verschlechterung der Kreditvergabe an Unternehmen und damit zu einer Wachstumsdämpfung führt.“
Er verschluckt diesen Vergleich: „Denn, wie kürzlich ein schlauer Mensch bemerkte: Wenn man eine Umfrage unter Löwen machte, wäre das Ergebnis: sie lehnten den Käfig ab, wollen aber weiter eine gute Verpflegung.“
Er sagt: „Neue Regeln allein werden nicht reichen, um künftig Finanzkrisen zu vermeiden. Dazu ist auch ein Umdenken des Finanzsektors erforderlich. Die Krise schien den Spruch zu belegen: „a bank is an ingenious device for obtaining profit without individual responsibility.“ Das heißt eine Bank ist ein raffiniertes Instrument, um Gewinne zu erzielen, ohne individuell Verantwortung zu tragen. Das haben wir erlebt: Denn während die Gewinne aus immer riskanteren Finanzgeschäften bei den einzelnen Akteuren verbucht wurden, wurden die Verluste in der Krise sozialisiert. Mit hohen Summen von Steuergeldern wurden Finanzinstitute gerettet und Finanzmärkte stabilisiert.“ Unausgesprochen bleibt der Wunsch: „Ich erwarte dafür keine Dankbarkeit, aber zumindest konstruktive Zusammenarbeit bei den Anstrengungen, solche Prozesse in Zukunft zu vermeiden.“
Fortsetzung folgt
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Erklären die USA den Philippinen den Krieg?
Wie „ehrlich“ darf ein Fehler sein?
Bei einem Gipfeltreffen der Vereinigten Staaten und der „Association of Southeast Asian Nations“ (ASEAN) in dieser Woche war die Nationalflagge der Philippinen versehentlich verkehrt herum angebracht worden. Mit diesem Fauxpas wurde fälschlicherweise angedeutet, dass sich der Staat in Südostasien im Krieg befände. Die USA entschuldigten sich und sprachen von einem „ehrlichen Fehler“.
Die philippinische Regierung akzeptierte die Entschuldigung. Laut Ed Malaya, Sprecher des philippinischen Außenministeriums, sehe die Regierung ein, dass es sich bei dem Vorfall um einen „ehrlichen Fehler“ gehandelt habe, „der die wahre Bedeutung des Gipfels nicht schmälern sollte.“
Bei dem Gipfeltreffen vertieften die USA und die zehn ASEAN-Länder, darunter Indonesien, Thailand und Vietnam, ihre Pläne zur engeren Kooperation. US-Präsident Obama will den dortigen Staaten künftig mehr Aufmerksamkeit schenken und plant eine Verdopplung der Exporte nach Südostasien.
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Deutscher Bundestag: Pressemitteilung
Schneiderhan kritisiert Pressereferat von Ex-Minister Jung
1.Untersuchungsausschuss Kundus – 29.09.2010
Berlin: (hib/KOS/KT) Scharfe Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit von Thomas Raabe, Sprecher des ehemaligen Verteidigungsministers Franz-Josef Jung (CDU), in der ersten Zeit nach dem Bombardement in der afghanischen Kundus-Region vom 4. September 2009, übte am Mittwochnachmittag im Kundus-Untersuchungsausschuss zum Auftakt seiner Vernehmung Wolfgang Schneiderhan. Der von Jungs Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Zuge der Kundus-Affäre entlassene Generalinspekteur über die Verlautbarungen Raabes, in denen zivile Opfer des Luftangriffs zunächst bestritten und dann nur als Eventualität in Betracht gezogen worden waren: „Die Aktivitäten des Herrn Raabe in den ersten Tagen nach dem Bombardement trugen nicht unbedingt zu einem geordneten Verwaltungshandeln bei.“ Der Zeuge beklagte, es habe ein „lustiges Telephonieren“ seitens Jungs und Raabes mit den Einsatzkräften in Afghanistan und der Nato in Brüssel, aber kein sachgerechtes Vorgehen gegeben. Für die Informationspolitik des Ministeriums in jener Phase sei er nicht verantwortlich, so Schneiderhan: „Der Pressestab hat an uns vorbeiagiert“. Der General betonte, der Presseabteilung hätten alle Unterlagen des Planungs- und des Einsatzführungsstabs vorgelegen.
Der Ausschuss soll Hintergründe und politische Folgen des von Bundeswehroberst Georg Klein befohlenen und von zwei US-Piloten ausgeführten Bombardements erhellen. Bei dieser Attacke auf zwei von Taliban gekidnappte Tanklaster gab es zahlreiche Tote und Verletzte, unter ihnen viele zivile Opfer.
Schneiderhan wie auch der ehemalige Staatssekretär Peter Wichert traten auf Antrag von SPD, Linken und Grünen am Mittwoch erneut vor dem Gremium auf, da aus Sicht der Opposition Widersprüche zwischen den Aussagen der beiden ehemaligen Spitzenbeamten und Angaben des CSU-Politikers existieren. Guttenberg hatte das Bombardement zunächst als „militärisch angemessen“ bewertet, dieses Urteil später jedoch als Fehleinschätzung korrigiert. Seinen Sinneswandel führte der Ressortchef darauf zurück, dass ihm im Ministerium wesentliche Informationen wie vor allem ein kritischer Feldjäger-Bericht vorenthalten worden seien. Deshalb mussten Schneiderhan und Wichert auf Druck Guttenbergs den Hut nehmen.
Wie der Ex-Generalinspekteur am Mittwochnachmittag zu Beginn seiner Anhörung sagte, habe sich Guttenberg bei seiner ersten positiven Einstufung des Luftangriffs Anfang November 2009 auf den umfassenden Untersuchungsbericht der Nato stützen können. In dieser Isaf-Analyse sei auch die Feldjäger-Studie samt ihren „strittigen Punkten“ verarbeitet worden. Der Zeuge erklärte, er habe vom Bericht der Militärpolizei erstmals am 16. September 2009 erfahren und dieses Papier sofort gestoppt, weil es „nicht angemessene Bewertungen“ des Bombardements enthalten habe. Er habe, so Schneiderhan, den Feldjäger-Bericht „gründlich geprüft“ und dann in Abstimmung mit dem damaligen Minister Jung in die „Nato-Kanäle“ gegeben, wo er in die Isaf-Analyse eingeflossen sei. Der frühere Generalinspekteur erläuterte, er habe zusammen mit Wichert schon wenige Tage nach dem Luftangriff entschieden, keine nationale Untersuchung dieses Bombardements zu veranlassen. Da die Bundeswehr in Afghanistan militärisch der Nato unterstehe, sei eine solche Untersuchung deren Aufgabe gewesen.
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Polizeibericht
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Spontane Demonstration in Landesvertretung Baden-Württembergs zu Stuttgart 21 (Köpfung des Bahnhofs), Mitte, 1.10.
Fünf Männer demonstrierten gestern Nachmittag spontan in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Tiergarten. Die Personen hatten sich zuvor als Teil einer Besuchergruppe in dem Gebäude in der Tiergartenstraße aufgehalten. Gegen 14 Uhr 30 begaben sie sich auf den Balkon des Gebäudes, verbarrikadierten die dortige Terrassentür und zeigten an der Brüstung ein Transparent. Die Hausrechtsinhaber verzichteten zunächst auf polizeiliche Maßnahmen, alarmierten dann aber doch die Polizei. Die Beamten konnten die Demonstranten gegen 15 Uhr 50 zur Beendigung ihrer Aktion bewegen, die gegen 16 Uhr 10 das Gebäude verließen. Gegen die Aktivisten wurden Strafermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet.
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Letztes Wort
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„Do jit et nix ze kriische.“ („Da gibt es nichts zu weinen.“)
Konrad Adenauer, 1967