13.11.
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Der Tag beginnt mit dem Abreissen des Kalenderblatts. Der junge Gaylord Pentecoste serviert barfuß im roten Schlafanzug ein Tablett mit Kanne und drei Tassen. Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung. Das Buch wurde massenhaft verschenkt, weil das Cover einen häufig aus- oder unausgesprochenen Mütter-Traum illustriert: bleib und trag zur häuslichen Gemütlichkeit bei. Mit dieser Anweisung zerreissen sich Männer, genau genommen auch Frauen, dann ihr Leben lang. Parole „Solange Rausgehen in die Welt wie nötig“ um Beute für den glücklichen Lebensvollzug nach Hause zu bringen und „Soviel Zuhausebleiben wie möglich“. Petra Kelly sagt zu Gert Bastian: bleib bei mir und bring mir Orangen. Er macht es, wird mit dem Beutel vom Auto angefahren, die Früchte rollen über die Fahrbahn… Die Verletzungen ziehen Gehprobleme und Schmerzen nach sich. Er ist ans Haus gefesselt, an seine Kameradin. Irgendwann werden die beiden gefunden. Sie sind da schon über zwei Wochen tot. Sie waren eingekapselt in ihrer selbstgenügsamen dualen Befindlichkeit.
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Nachtrag zum Castor 2010
Die bürgerliche Presse grinst sich einen ab über die Scharmützel von Polizei und Demonstrierenden. Sie ergreift 100-prozentig den Standpunkt der Atomenergieversorger. Für diese Interessengruppe sind die beiden Parteien an der Front vom gleichen Fleische, dem Laissez-Faire meinungsfreier Demokratie. Wie bei Wetten dass lassen sich die „Castorgegner“ jeden Herbst Findigeres einfallen um sich zwischen ankommende Behälter und vorläufigem Endstandort zu werfen. Die exekutierende Staatsgewalt geht sparsam mit Gewahrsam und Strafe um und lässt sich auf das Spiel ein, den Gegner von seinem Tun abbringen zu müssen ohne ihm ein Haar zu krümmen. Die Energieriesen würden es krümmen, viele Haare krümmen, und weg sperren, viele Menschen weg sperren. Ein Atomstaat wäre ja auch keine Demokratie.
Unterdessen hat die Atomwirtschaft immer größere Schwierigkeiten Personal zu rekrutieren, das sich mit Warten der Anlagen auskennt. Was sind denn das für Lämpchen und Knöpfchen? Atomfachwirte wird es eine Milliarde Jahre lang geben müssen und länger, wenn wir nicht sofort mit dem Spuk aufhören. Ein Beruf, der nicht aussterben dürfen wird.
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Aktion Saubere Kleidung.
Ein unglücklicher Name für die Sache. Es handelt sich nicht um Saubermännertum, sondern um die Sensibilität für ungerechtes Produzieren und Konsumieren in der globalen Welt. Da verspricht ein Händler, einen Menschen von den Socken bis zur Mütze für 30 Euro einkleiden zu können. Nicht nur diejenigen werden von dem Angebot gelockt, die gar nicht mehr Budget für so was haben. Nun ist es so, dass eine Zehlendorferin das ja so machen mag. Aber wenn schon für eine andere Bevölkerungsgruppe Gutscheine im Gespräch sind, warum dann keine aus der sauberen Warenwelt? Fair Trade für Hartz IV! Lenken kann Vater Staat nur die, die von ihm abhängig sind. Wenn schon Stigma, dann von Gepa!
Der Wortlaut einer Petition
„RECHTE FÜR MENSCHEN REGELN FÜR UNTERNEHMEN
An die Staats- und Regierungschefs der EU und an den Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso:
Wir fordern Sie auf, die in der EU ansässigen Unternehmen für die weltweiten Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Menschen und Umwelt gesetzlich haftbar zu machen. Verpflichten Sie die Unternehmen, genaue Informationen über ihre Aktivitäten zu veröffentlichen. Ermöglichen Sie Betroffenen Rechtsschutz in der EU.“ Netzwerk Unternehmensverantwortung („Corporate Accountability“) www.cora-netz.de
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Das Auswärtige Amt, dargestellt für unsere Zeit.
Biographien tragen zuweilen diesen Untertitel: Sigmund Freud, ein Leben, aufgeschrieben für unsere Zeit. Das Herausgeber-Team um Erhard Conze hat die Geschichte des Auswärtigen Amtes vorgelegt, beauftragt von einem gewissenhaften Minister kurz vor dessen Emission. Der zweite Nachfolger stellt das Werk medienwirksam in das Regal der Hausbibliothek. Aber in den 1960er Jahren war die NS-Vergangenheit der deutschen Außenpolitiker und Diplomaten schon einmal aufgeschrieben und veröffentlicht. Allerdings sind Details und Highlights in der Masse des Stoffes verschwunden. Der damalige „deutsche Hauptherausgeber“ in der Internationalen Herausgeberkommission schreibt in einem Leserbrief: Wären die Akten aus dem Hausarchiv ins Bundesarchiv gebracht worden, wie es jetzt zwecks Rettung und Offenlegung gefordert wird, wären „Reisekostenabrechnungen im Normalfall vernichtet worden“. Eine von diesen war aber die Hauptsensation der aktuellen Veröffentlichung. Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt. Viele Belege, deren Existenz vermutet werden muss, sind unentdeckt. Möge die Nachwelt noch Material finden in ihrer Zeit.
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Bildbeschreibung
Fassadenmalerei am Plus an der Köpenicker Straße in Kreuzberg, in Sichtweite zur Flussseite der east Side Gallery. Die Mauersegmente knicken von links der Reihe nach ein und stehen nach rechts wieder auf: als Hundert-Euro-Scheine!
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Bambi für Schlingensief
Er habe es gewusst und sich zu Kommen gefreut, sie, die Witwe Aini, fühle sich im Moment nicht in der Lage, den Preis für ihren verstorbenen Gatten persönlich entgegenzunehmen. Unterm Strich hört sich das nach mehr Dankbarkeit an als weiland bei Reich-Ranicki, der vor Gottschalks Augen und laufender Kamera zum Punk mutierte und den Rundumschlag machte.
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West-Burmanische Kippschaukel
Sacharow-Preis, 1990, Friedensnobelpreis, 1991, Freiheitsmedaille des US-Präsidenten, 2000, Olof-Palme-Preis, 2005, Ehrenstaatsbürgerschaft Kanadas, 2007, Goldene Ehrenmedaille des US-Kongresses, 2008, Botschafterin des Gewissens, verliehen von Amnesty International, 2009 an Aung San Suu Kyi.
Am 20.7.1989 wurde sie zum erstenmal in ihrem mittlerweile baufälligen Haus University Avenue 54 in Rangoon unter Hausarrest gestellt. Der Stacheldraht der ungarischen Grenze zu Österreich war da schon aufgeschnitten und ein halbes Jahr später verließ Mandela das Gefängnis. Die Tochter des Bogyoke (d.i. oberster militärischer Führer) Aung San (erschossen 1947) hat 1990 in Pyidaungsu Thamada Myanmar Naing-Ngan-Daw vulgo Burma an der Spitze einer neuen Partei die Wahlen gewonnen. Dies wurde vom Militärregime nicht anerkannt. Es begann ein Leben im Käfig der eigenen Wohnung, das anscheinend heute mittag 12 Uhr MEZ ein glückliches Ende gefunden hat. Nun muss sich die 65-jährige einen Platz suchen in der „Demokratie mit blühender Disziplin“, in der sich die herrschenden Generäle nur ihrer Uniformen, nicht aber ihrer Mentalität entledigt haben.
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Neue Gefechtsmedaille
Soldaten der Bundeswehr sollen schon bald mit einer neuen Medaille ausgezeichnet werden. Der Orden wird nach SPIEGEL-Informationen auf Initiative von Verteidigungsminister Guttenberg für Einsätze im Kampf verliehen. Eine Reduzierung der Truppenstärke am Hindukusch steht vorerst nicht zur Debatte.
Hamburg – Für den Einsatz im Kampf können Bundeswehrsoldaten künftig mit einem neuen Orden belohnt werden. Auf Initiative von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) billigte Bundespräsident Christian Wulff nach SPIEGEL-Informationen eine neue Gefechtsmedaille. Diese Sonderstufe der Einsatzmedaille der Bundeswehr soll an jene Soldaten verliehen werden, die „mindestens einmal aktiv an Gefechtshandlungen teilgenommen oder unter hoher persönlicher Gefährdung terroristische oder militärische Gewalt erlitten“ haben. (Spiegel)
Forts. folgt
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26 Verbrannte im Streichelzoo
Schafe, Zwergziegen, Alpakas, Shetlandponys und Zwergesel sind unter den Toten im Karlsruher Zoo. Wurden sie als Sicherheitsrisiko für den morgen beginnenden CDU-Bundes-Parteitag in der Stadt ausgeschaltet?
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Letztes Wort
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„Alles Geschaffene ist vergänglich. Strebt weiter, bemüht euch, unablässig achtsam zu sein.
Buddha, 544 v.u.Z. (?)