berliner abendblätter 2.00 am 26.2.

26.2.
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Berlins Erzbischof
Papst nimmt Amtsverzicht von Kardinal Sterzinsky an
Papst Benedikt hat mit sofortiger Wirkung ein Rücktrittsgesuch des Berliner Erzbischofs angenommen. Georg Kardinal Sterzinsky ist schwer erkrankt.
Der schwer erkrankte Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky verzichtet auf sein Amt. Papst Benedikt XVI. habe ein entsprechendes Gesuch mit sofortiger Wirkung angenommen, teilte das Erzbistum Berlin am Donnerstag unter Berufung auf den Vatikan mit. Der 75-Jährige liege nach wie vor im Krankenhaus, sein gesundheitlicher Zustand sei unverändert ernst.
Sterzinsky musste bereits seinen 75. Geburtstag am 9. Februar im Krankenhaus verbringen. Erst kürzlich musste er zwei Mal operiert werden. Wie es für einen Kardinal üblich ist, hatte Georg Sterzinsky einige Wochen vor seinem 75. Geburtstag nach Rom geschrieben und sein Amt zur Verfügung gestellt.
Viele andere Bischöfe tun dies pro forma, und der Papst nimmt das Angebot nicht an, denn 75 Jahre sind für katholische Würdenträger kein Alter, in dem an Ruhe zu denken wäre. Aber der Berliner Erzbischof meinte es ernst.
Statt einer Antwort auf sein Schreiben erhielt Berlin damals die Nachricht, dass im September der Papst kommt.
Georg Sterzinsky ist keiner, der jammert. „Gott ist immer größer“, heißt sein Bischofsmotto. Was Gott ihm auferlegt, wird er ihm auch tragen helfen, davon ist er fest überzeugt. Er habe nie ein hohes Amt angestrebt, hat er einmal gesagt. Demutsbekundungen gehören bei Kirchenmännern zum täglichen Geschäft. Sterzinsky nimmt man ab, dass er lieber Pfarrer geblieben wäre.
Er ist ein bescheidener Mann, was nicht nur seine aus der Zeit gefallene Brille signalisiert. Er macht nicht gerne Aufhebens um sich. Menschen mit selbstverständlichem, bodenständigem Glauben haben ihn geprägt: der Vater, die frommen Geschichten, die seine Großmutter erzählte, der Jesuitenpater, bei dem er Messdiener war. Und der den Jungen mochte, auch, wenn er mal wieder ausrastete. Für solche bodenständigen Menschen wollte er da sein, als er 1960 in Erfurt zum Priester geweiht wurde. Er ging zunächst als Kaplan ins thüringische Eisenach, dann leitete er als Pfarrer in Jena eine der größten Gemeinden in der DDR. 1981 wollte ihn der Erfurter Bischof zum Verwaltungschef in seinem Bistum machen. Sterzinsky zögerte, sagte dann aber doch zu. Wenige Monate vor dem Mauerfall wurde er Berliner Bischof.
Mit der Großstadt fremdelte er von Anfang an. Als sich Berlin herausputzte, polterte Sterzinsky gegen die „Konsumtempel“ am Potsdamer Platz und legte sich mit den Bauherren an, weil sie Obdachlose und Bettler vertreiben wollten. Um am politischen Rad mitzudrehen, fehlt es ihm an diplomatischem Geschick. Wenn er allerdings das Gefühl hat, es geht auf Kosten der Benachteiligten, scheut er sich nicht, sich mit dem politischen Establishment anzulegen. Dann kommt ihm zuweilen sein Jähzorn gerade recht. Den Unionsparteien wollte er das „C“ absprechen und nannte ihre Ausländerpolitik „eine Schande“. Gemeinden, die Flüchtlingen „Kirchenasyl“ boten, unterstützte er. Als erster deutscher Bischof prangerte Sterzinsky das Problem der sogenannten illegalen Zuwanderer an und forderte von der Politik Antworten. Dass ihm Flüchtlingsschicksale so sehr ans Herz gehen, mag damit zu tun haben, dass er selbst Flüchtling ist. Er stammt aus Warlack in Ostpreußen. Als er drei Jahre alt war, begann der Zweite Weltkrieg. Die Eltern verschlug es mit ihren sechs Kindern nach Thüringen. Seine Mutter starb, als er elf war. Er habe keine leichte Kindheit gehabt, sagte er einmal.
Er leide unter Auseinandersetzungen, gestand er Schülern. Streit, sagte er, widerspreche seiner „Charakteranlage“. Dies führte dazu, dass er Bittstellern schwer etwas abschlagen konnte und die Doppelstrukturen aus West- und Ost-Bistum beibehielt. Auf Dauer war dies nicht zu finanzieren. Mit Sterzinskys Wissen wurden die Rücklagen aufgelöst und dann Millionenkredite aufgenommen. Bis Anfang 2003 hatte das Berliner Erzbistum 148 Millionen Euro Schulden angehäuft. Hunderte Mitarbeiter mussten entlassen, Gemeinden zusammengelegt, Kirchen verkauft werden. Wo er auch hinkam, musste sich Sterzinsky Wut und bittere Vorwürfe anhören. Die Aufräumarbeiten dauern bis heute an. Die Wut ist verflogen, doch gut ist die Stimmung im Bistum noch immer nicht. (mit dapd)
4.2. von Claudia Keller, tsp.
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Charlottenburg
Wildschweine pflügen Soldatenfriedhof um
Ein Rudel Wildschweine hat schwere Schäden auf der britischen Kriegsgräberstätte an der Heerstraße angerichtet. Jäger dürfen dort nicht schießen, die Wiederherstellung des Geländes kann erst im Frühjahr begonnen werden.
Wildschweine haben weite Teile des britischen Soldatenfriedhofs an der Charlottenburger Heerstraße schwer verwüstet. Ein solch massives Auftreten der Tiere habe er noch nie erlebt, berichtet Jonathan Reeves. Er ist „Head Gardener“ eines fünfköpfigen Teams, das für die britischen Commonwealth War Graves Commission (CWGC) den Berliner Friedhof und zwei weitere Kriegsgräberstätten in Stahnsdorf und Zossen betreut. Bereits im September des Vorjahres seien die ersten Tiere aufgetaucht und hätten kleinere Schäden verursacht. Seitdem hängen Warnschilder am Tor: „Warning – Beware of the Wild Boars“ (Warnung – Hüten Sie sich vor den Wildschweinen).
Nach Einbruch des Winters suchten die Wildschweine das Gelände neben dem RBB-Sendemast zeitweise Nacht für Nacht heim. Für die Tiere stelle der intensiv gepflegte Rasen des Friedhofes eine reichhaltig gedeckte Tafel dar, erläutert der Landesjagdbeauftragte Dirk Ehlert. Wenn sie hier den Boden durchwühlen, finden sie besonders leckere Engerlinge. Ein entsprechendes Bild bietet das Gelände. Betroffen sind rund 10 000 Quadratmeter, mehr als ein Viertel des Areals. Besonders stark haben die Wildschweine im westlichen Teil gewütet. Bis an die in Reihen aufgestellten Grabsteine aus weißem Portlandsandstein ist hier der Boden fast flächendeckend umgepflügt.
Inzwischen wurden Stadtjäger und Förster auf das Wildschweinrudel angesetzt, das einen Weg auf den umzäunten Friedhof gefunden hat. Dort selbst musste man allerdings aus Sicherheits- und wohl auch aus Pietätsgründen darauf verzichten, auf die Tiere zu schießen. Da diese sich meist nahe der Grabsteine bewegen, war die Gefahr von Querschlägern zu groß. Immerhin gelang es unlängst, drei Schweine im direkten Umfeld zu erlegen. Ein weiteres wurde bereits vor einiger Zeit auf der Heerstraße überfahren.
Einige kleinere Schadenstellen hat man bereits zu reparieren versucht. Jetzt wird der Friedhof mit einem stärkeren Zaun ausgestattet. Mit der eigentlichen Schadensbehebung kann erst im Frühjahr begonnen werden. Zehn bis 14 Tage werden die gröbsten Erdarbeiten dauern, für die extra Verstärkung aus der Nordeuropa-Zentrale des CWGC im belgischen Ieper anreisen wird. Im Westteil wird man den Boden mit schwerem Gerät komplett austauschen müssen, sagt Jonathan Reeves. Den Schaden schätzt der Obergärtner auf „einige 10 000 Euro“. Wenn alles klappt, könnte der neue Rasen schon am 25. Juni sprießen. Dann zelebrieren die britischen Veteranen auch in Berlin den Armed Forces Day.
Auf dem 1957 eingeweihten „Berlin 1939–1945 War Cemetery“ befinden sich 3580 Gräber von Kriegsopfern aus dem britischen Commonwealth. Neben 2680 Briten ruhen hier 527 Kanadier, 223 Australier, 56 Neuseeländer, 50 Inder und 31 Südafrikaner. Dazu kommen fünf Polen und acht unidentifizierte Tote. Die letzte Beisetzung fand im Oktober 2008 statt, als der britische Pilot John Bremner zur letzten Ruhe gebettet wurde. Seine sterblichen Überreste waren im Wrack eines abgeschossenen Bombers in Köpenick entdeckt worden.
Rainer W. During, tsp. Am 24.2.
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„Beabsichtigt man ernsthaft, dieses Areal als Symbol für die Einheit und Zukunft Berlins zu bezeichnen?“
Georg Kardinal Sterzinsky in seiner Stellungnahme zur Einweihungsfeier des neuen Potsdamer Platzes am 3.10.1998
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Letztes Wort
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„Apri quella finestra, fammi vedere la luce.“ („Öffne jenes Fenster, lass mich das Licht sehen.“)
Giacomo Leopardi, italienischer Dichter, 1839