berliner abendblätter 2.00 am 29.3.

Atomkraftwerk in Japan: AKW Super-GAU in Fukushima laut Nanoo-Ticker

Die Lage am havarierten AKW Fukushima 1 verschärft sich weiter. Neben dem Austritt von Plutonium gilt inzwischen als sicher, dass es in mindestens zwei Reaktoren der Anlage zur Kernschmelze gekommen ist. Auch die Reaktorhüllen sind mir hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr intakt. Damit bestätigt die japanische Atomaufsicht, was internationale Experten seit Tagen gemutmaßt haben. Neue Probleme gibt es beim Abpumpen des verseuchten Wassers aus den Gebäuden. Es fehlt an Spezialbehältern, die das Wasser aufnehmen können. Im japanischen Parlament formiert sich die Opposition und fordert eine Ausweitung der Evakuierungszone. Ab Mittwoch ändert sich leider auch die für Tokio bisher günstige Wetterlage.

15:46 Kernschmelze und zerstörte Schutzhüllen bei zwei Reaktoren
Die häppchenweise Einräumung eines Super-GAUs setzt sich fort. Heute hat auch die japanische Atomaufsicht, die mit ihrem Lagebeurteilungen stets hinter den Einschätzungen internationaler Atomexperten zurückliegt, eingeräumt, dass es offenbar in zwei Reaktoren des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 zur Kernschmelze gekommen ist. Auch gehe man inzwischen davon aus, dass die Schutzhüllen der Reaktoren nicht mehr vollständig intakt seien. Internationale Wissenschaftler waren sich – aufgrund der hohen Strahlungswerte – schon seit Tagen sicher, dass es zur Kernschmelze gekommen sei und Radioaktivität aus den Reaktoren in die Umwelt freigesetzt werde.

15:00 Wind trägt Radioaktivität nach Tokio
Schlechte Nachrichten gibt es von den Meteorologen. Für Mittwoch wird ein Wechsel der Windrichtung erwartet. Die Winde, die dann in Richtung Tokio wehen, werden vermutlich radioaktives Material in die Millionen-Metropole tragen. In den vergangenen zwei Wochen hat die Wetterlage stets dafür gesorgt, dass der Großteil der radioaktiven Partikel in Richtung Osten auf den Pazifik hinaus transportiert wurde.

Spezialbehälter für radioaktives Wasser fehlen
In den letzten Tagen lag der Schwerpunkt der Rettungsarbeiten auf dem Abpumpen von hoch-radioaktivem Wasser, das sich in den Reaktorgebäuden angesammelt hatte. Nun fehlt es offenbar an Spezialbehältern, in die das verseuchte Wasser gepumpt werden kann.
Schon mehrmals wurde kritisiert, dass sich der Betreiber der Anlage nur unzureichend um internationale Hilfe bemühe, um Engpässe bei Know How, Personal und Ausrüstung auszugleichen.
Das Abpumpen des Wassers ist eine notwendige Voraussetzung, um die Arbeiten an der Wiederherstellung der Reaktoren fortsetzen zu können. Ein Teil des verseuchten Wassers konnte bereits erfolgreich aus der Anlage geleitet werden.

Opposition: Schutzzone muss ausgeweitet werden
Die Opposition im japanischen Parlament hat ihre Forderungen erneuert, die Evakuierungszone um das Kraftwerk Fukushima 1 auszuweiten. In den vergangenen Tagen hatten schon mehrere Atomenergieexperten und Umweltschutzorganisationen ähnliche Forderungen gestellt.
Wir schreiben heute Tag 17 seit Beginn der Atomkatastrophe und noch immer ist keine Entspannung der Lage in Sicht. Noch immer sind die Rettungskräfte damit beschäftigt, hoch-radioaktives Wasser aus den Gebäuden des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 zu pumpen. Das ist die zwingende Voraussetzung, um die Arbeiten an der Wiederherstellung der dauerhaften Kühlfunktion des Kraftwerks fortsetzen zu können. Es wird darüber berichtet, dass weiterhin Plutonium in den Boden sickere und diesen stark verseuche. Die japanische Börse reagierte auf diese Nachrichten erneut mit Kursverlusten.

10:30 Hat Besuch des Ministerpräsidenten Rettungsmaßnahmen verhindert?
In Japan wurde Kritik an Ministerpräsident Kan laut. Er habe durch seinen Besuch am Kernkraftwerk Fukushima die Rettungsarbeiten behindert. Konkret haben die Rettungskräfte auf das Ablassen von Druck aus einem der Reaktoren verzichtet, solange Kan auf dem Gelände war. Kan selbst wiegelt ab. Er hält den Besuch auf dem Kraftwerksgelände für unerlässlich für seine spätere Entscheidungsfindung.

9:00 Hohe Strahlenbelastung der Beobachter
In einem TV-Interview äußerte sich gestern ein Beobachter der japanischen Atomenergiebehörde. Der Mann sei im AKW Fukushima 1 eingesetzt, um die Rettungsarbeiten zu unterstützen. Er selbst gehe davon aus, dass er im Laufe der vergangenen zwei Wochen eine Strahlendosis von rund 800 Millisievert aufgenommen habe. Man schlafe nachts auf dem Kraftwerksgelände auf Bleiplatten, um sich vor der Strahlung zu schützen.
Ab einem Wert von 500 Millisievert können Symptome der Strahlenkrankheit auftreten. Bei einer Bestrahlung von mehr als 1.000 Milisievert sterben bereits 10 Prozent der Menschen innerhalb von 30 Tagen. Allerdings gelten diese Werte bei Erreichen der Strahlendosis über einen sehr kurzen Zeitraum. Der zulässige Grenzwert für Rettungsarbeiten in Kernkraftwerken beträgt eigentlich 100 Millisievert. Angesichts der dramatische Lage in Fukushima hat man diesen Wert in Japan allerdings schon vor zwei Wochen auf 250 Millisievert angehoben. Auch unterhalb von 500 Millisievert treten gesundheitliche Risiken – wie ein stark erhöhtes Krebsrisiko – auf.

8:00 Japan erwägt Verstaatlichung von Tepco
Die japanische Regierung erwägt offenbar eine Verstaatlichung des Atomkraftwerkbetreibers Tepco. Hintergrund seien die hohen zu erwartenden Schadenersatzzahlungen an die Bevölkerung, die Tepco vermutlich nicht aus eigener Kraft stemmen könne.

Auch an Tag 16 der atomaren Katastrophe im japanischen Fukushima verschlechtert sich die Lage weiter. Entgegen ursprünglichen Beteuerungen des Kraftwerksbetreibers Tepco gerät die Lage am havarierten Atomkraftwerke immer mehr außer Kontrolle. Hatte man in den vergangenen Tagen schon mit hoch-radioaktivem Wasser in den Reaktorgebäuden zu kämpfen, sind nun auch im Ableitungssystem Richtung Pazifik extrem hohe Strahlungswerte im Wasser gemessen worden. Das Wasser ist so verseucht (1.000 Millisievert), dass schon ein kurzer Aufenthalt darin zur akuten Lebensgefahr wird.

17:59 Plutonium im Boden gefunden
Eine Analyse von Bodenproben, die man vor etwa einer Woche gefunden hat, weisen laut Tepco Spuren von Plutonium auf. Die Kraftwerksbetreiber bleibt auch hier konkrete Messergebnisse schuldig. Das wurde bereits mehrfach von seiten der Experten, Medien und Umweltschutzorganisationen kritisiert. Greenpeace nimmt inzwischen gar eigene Messungen zur Einschätzung der Umweltschäden vor, da man den “offiziellen” Angaben kein Vertrauen mehr schenkt.

Tepco zufolge stammt das Plutonium aus den Brennstäben des Kraftwerks und wurde vermutlich durch das Erdbeben und den Tsunami freigesetzt, der die japanische Küste vor rund zwei Wochen heimsuchte.

In Reaktor 3 des Kraftwerks werden sogenannte MOX-Brennstäbe verwendet, die neben Uran das ungleich gefährlichere Plutonium enthalten. Plutonium hat eine extrem lange Halbwertszeit von etwa 24.000 Jahren und kann daher große Gebiete über lange Zeiträume unbewohnbar machen. Tepco bezeichnete die gefundenen Mengen in einer ersten Stellungnahme allerdings erneut als “gesundheitlich unbedenklich”.

15:50 Explosionen im Atomkraftwerk hätten verhindert werden können
Laut einem Bericht des Onlineangebots der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hätten die Wasserstoff-Explosionen im AKW Fukushima verhindert werden können. Das Magazin berichtet, dass eine deutsche Firma den Japanern eine Wasserstoff-Vernichtungsanlage angeboten habe, die in Havariefällen austretenden Sauerstoff unschädlich macht. Tepco habe sich damals aber gegen die Anschaffung einer solchen Anlage entschieden.

14:40 Stark radioaktives Wasser außerhalb des Reaktors
Schon heute morgen hat der Reaktor 2 des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima für schlechte Nachrichten gesorgt. Die Regierung geht inzwischen davon aus, dass sich in dem Reaktor eine – zumindest teilweise – Kernschmelze entwickelt hat. Nun ist erstmals außerhalb des Reaktors stark radioaktives Wasser gefunden wurden. Die Messungen in den Kontrollschächten des Ableitungssystems ergaben Werte von rund 1000 Millisievert pro Stunde. Das entspricht ziemlich exakt dem 10-millionen-fachen der natürlichen Strahlung, also eben diesem Messwert, den der Kraftwerksbetreiber gestern zunächst gemeldet und anschließend wieder dementiert hatte.

Zwar will Tepco noch “prüfen”, ob dieses Wasser in Kontakt mit dem Meerwasser des Pazifik gekommen sei. In Anbetracht der Informationsweitergabe Tepcos, die immer einige Zeit hinter den tatsächlichen Ereignissen hinterher zu hinken scheint und meist deutlich harmloser als das wirkliche Ausmaß der Entwicklungen ausfällt, ist davon auszugehen, dass hoch-verseuchtes Wasser direkt in den Pazifik eingeleitet wurde. Die Messpunkte befinden jedenfalls nur wenige Meter von Meer entfernt.

13:10 Atomexperte fordert eingreifen des UN-Sicherheitsrats
Dr. Najmedin Meshkati – ein anerkannter Atomwissenschaftler der Universität von Südkalifornien – hat unterdessen ein Eingreifen der internationalen Staatengemeinde gefordert. Die atomare Katastrophe in Japan sei so gravierend, dass sie das Land nicht alleine stemmen könne. Ein Mandat des UN-Sicherheitsrates sei angesichts der Entwicklungen wichtiger als das für Libyen.
Quelle: http://www.naanoo.com/live/atomkraftwerk-japan-akw-fukushima-live-5-gninews
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Nach den Landtagswahlen in Deutschland
Kuriose Konstellationen ergeben sich nach den Landtagswahlen vom Sonntag zu den Parlamenten in Mainz und Stuttgart. Kurt Beck und seine SPD haben seit den letzten Wahlen vor fünf Jahren rund 133.000 Stimmen verloren. Dennoch kann er mit fast vierfach verstärkten Grünen, die in den Landtag wieder einziehen, weiterregieren. Gegenüber der Union im Lande hat seine Fraktion nur eine Stimme Vorsprung. Ein Achtungssieg für Frau Klöckner! Sie konnte rund 84.000 Stimmen mehr für ihre Partei mobilisieren. Die FDP ist wie eine Woche zuvor in Sachsen-Anhalt aus dem Landtag herausgeflogen.
Mächtig zugelegt hingegen hat die Stimmenzahl der Union in Baden-Württemberg. Stefan Mappus konnte fast 200.000 Stimmen mehr von sich überzeugen als zuletzt sein Vorgänger Oettinger bei dessen erster und einziger Chance. Allein angesichts der Grünenstimmen aus dem Nichts der Wahlabstinenten wird dank großer Wahlbeteiligung ein prozentualer Verlust für die Union im 5-punkt-stelligen Bereich. Die SPD gewinnt zwar auch rund 155.000 Stimmen mehr, rutscht aber prozentual um gut 2 Punkte ab. Sie hat einen Sitz weniger als die Grünen und wenn sie ihr Versprechen hält, wird sie einen Grünen erstmalig in Deutschland zu einem Ministerpräsidenten machen. Herr Kretschmann ist ptraktizierender Katholik und würde von seiner Persönlichkeit her gut als Koalitionspartner der CDU passen. Aber die Geschichte will es anders.
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Letztes Wort
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„Sagen sie ihnen, dass ich ein wundervolles Leben gehabt habe.“ [zur Frau seines Arztes]
Ludwig Wittgenstein, österreichischer Philosoph, 1951