3.11.
+
Sibylle Bergemann am 2.11. verstorben
Sibylle Bergemann (*1941 in Berlin) gehört zu den herausragenden deutschen Fotografen, die mit ihrem Werk Fotogeschichte geschrieben haben. Als einer der zentralen Figuren der subjektiven Autorenfotografie vermochte sie es tief unter die Oberfläche der pseudo-egalitären Gesellschaft der DDR vorzudringen. Sie begann ihre Laufbahn Ende der 60er Jahre in Ostberlin. Nach einer Ausbildung bei Arno Fischer hatte sie erste Veröffentlichungen in den Zeitschriften „Sonntag“, „Das Magazin“ und „Sibylle“. Bekannt geworden durch ihre Arbeit als Modefotografin beschäftigte sie sich parallel intensiv mit Porträtaufnahmen, Reportagen und Bilddokumentationen von Städten und Landschaften und war 1990 Gründungsmitglied der Fotografenagentur „Ostkreuz“. Ihre Mode- und Porträtfotografien beziehen ihre Intensität aus dem Kontrast von Modell und Umgebung. So inszeniert sie ihre modisch gekleideten Modelle meist auf öffentlichen Plätzen oder vor maroden Industriegebäuden und eröffnet somit unterschiedliche Wirklichkeits- und Deutungsebenen. Auch in ihren Reportagen findet sie mit sicherem Instinkt jenen Moment, in dem Mensch und Umgebung eine konzentrierte Verbindung eingehen. Im Vorgriff auf filmische Strategien setzt sie das Beiläufige in Szene und konserviert die Realität in einem Augenblick, der Vergangenes und Zukünftiges in sich trägt. Ihre melancholischen, zeichnerisch komponierten Schwarz-Weiß-Abzüge ohne jegliche Ostalgie haben bis heute nichts an ihrer atmosphärischen Dichte eingebüßt. Dies demonstrierten 2006 und 2007 eindrucksvoll ihre Einzelausstellungen in der Akademie der Künste in der Berlin und dem Museum für Photographie in Braunschweig.
Baukunst Galerie, Köln, Text zur Ausstellung zusammen mit Henri Cartier-Bresson und Loredana Nemes, 2009.
+
Heinrich Riebesehl am 31.10. verstorben
Heinrich Riebesehl, der 1938 im Emsland geboren wurde und bei Otto Steiner studiert hatte, zeigte sich nach der Überwindung von Steiners „subjektiver Fotografie“ ab Mitte der 1970er Jahre mit seiner Serie „Situationen und Objekte“ bereits ganz als Vertreter des „Magischen Realismus“, wo in hartem Kontrast unter schwarzem Himmel Menschen oder Dinge rätselhafte Konstellationen eingehen. Mit seiner streng sachlichen Serie „Agrarlandschaften“ von 1975 beschreibt Riebesehl Viehweiden, Kohlfelder oder Strohballen, die durch den Einfluss und die Zurichtung des Menschen fast abstrakte Züge angenommen haben und somit neu ins Bewusstsein des Betrachters gerückt werden. Auf diese Weise werden das Gewöhnliche, Alltägliche und Heimische zum Ausdruck moderner Zivilisation.
Kicken Galerie, Berlin, Text zur Ausstellung zusammen mit Wilhelm Schürmann und Lee Friedlander, 2010
+
Abschied von Hermann Scheer
Berlin, 1.November 2010
Mit einer öffentlichen Gedenkfeier haben rund 500 Freunde, Weggefährten, Mitstreiter und Gäste am Montag im Lichthof des Museums für Kommunikation in Berlin Abschied von Hermann Scheer genommen.
„Hermann war ein herausragender Politiker, der Technik und Ökologie, Wirtschafts- und Industriepolitik zusammengeführt hat“, sagte Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe und ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin, in ihrer Ansprache. Mit seinem Tod habe die Welt einen der wichtigsten Streiter für die Erneuerbaren Energien verloren.
Dieckmann sprach an Stelle von Erhard Eppler, der wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen musste. Sie zitierte aus Epplers Redemanuskript unter anderem: „Hermann war ein mutiger Mensch – so mutig, dass er selbst kaum merkte, wie mutig er war.“ Epplers Text endete mit dem Satz: „Wir haben einen Menschen verloren, den sogar die nicht vergessen werden, die ihn gerne vergessen möchten.“
Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, der Hermann Scheer 30 Jahre lang angehört hatte, nannte Scheer einen „klugen Feuerkopf“, der als einer der ersten erkannt habe, dass Energiepolitik auch eine friedenspolitische Dimension hat. Sein gesamtes politisches Handeln habe der Sozialdemokrat Scheer als globales Handeln verstanden.
Außerdem sprachen bei der Gedenkfeier, an der zahlreiche Politiker/innen teilnahmen – unter anderen Wolfgang Thierse, Petra Pau, Andrea Nahles, Ulrich Stegner, Joachim Poß, Ulrich Kelber, Andrea Ypsilanti, Renate Künast, Jürgen Trittin, Gesine Lötzsch, Gregor Gysi, Simone Peters – die Mitglieder des EUROSOLAR- und des WCRE-Vorstands Wolfgang Palz, Michael Eckhart, Preben Maegaard und Mechtild Rothe, die Publizisten Franz Alt und Mathias Greffrath, sowie der Herausgeber der Zeitschrift Für Neues Energierecht, Peter Becker.
Zum Abschluss der Gedenkstunde sagte Irm Pontenagel: „EUROSOLAR wird weiterleben. Ebenfalls der Weltrat für Erneuerbare Energien. Dann werden wir eine Hermann-Scheer-Stiftung ins Leben rufen, weil dieser Name beispielhaft für sein Lebenswerk steht.“ Alle, die Hermann Scheer ehren wollten, sollten sich den Titel seines Buchs „Der energethische Imperativ“ zum Motto des Lebens machen.
Eurosolar, Pressemitteilung
+
Don´t ask, don´t tell
Das gerichtliche Hin und Her um den Dienst von Schwulen in der US-Armee geht weiter. Ein Berufungsgericht in Kalifornien gab am 1. November 2010 grünes Licht, die bisherige Strategie im Umgang mit bekennenden Schwulen und Lesben in den Streitkräften fortzusetzen.
Wie der „San Francisco Chronicle“ berichtete, soll die 17 Jahre alte Schwulen-Regelung „Don’t ask, don’t tell“ (Frage nicht, sage nichts) mindestens bis zum Frühjahr 2011 weiter in Kraft bleiben, während die Richter einen Berufungsantrag der Regierung prüfen. Nach dieser Regelung dürfen Homosexuelle nur dann in der Armee dienen, wenn sie sich nicht outen – anderseits dürfen Vorgesetzten aber auch keine Fragen zur sexuellen Orientierung ihrer Soldaten stellen. Nach Angaben von Homosexuellen-Gruppen wurden seit 1993 rund 10.000 bekennende Schwule aus der Armee entlassen.
Eine Richterin in Kalifornien hatte kürzlich die umstrittene Schwulen-Regelung gekippt und einen Stopp angeordnet. Die US-Regierung ging gegen die Anordnung mit einem Eilantrag vor. Ein Berufungsgericht setzte das Moratorium am 20. Oktober prompt vorläufig wieder aus. Diese Entscheidung wurde nun durch das dreiköpfige Richtergremium in San Francisco bekräftigt und zeitlich verlängert. US-Präsident Barack Obama betont zwar immer wieder, er wolle den Schwulen-Bann abschaffen. Die Regierung lehnte die gerichtliche Anordnung aus Kalifornien aber ab, weil das Pentagon erst neue Regelungen erarbeiten will. Die Regierung will zudem, dass die Verfahrensweise per Gesetzesänderung geändert wird und nicht aufgrund eines Gerichtsbeschlusses. (3sat kultur)
+
Berliner Polizeibericht
Es fährt ein Zug nach nirgendwo
Tempelhof-Schöneberg, 2.11.
Wie vom Erdboden verschluckt sind seit dem 27. Oktober zwei Lokomotiven sowie ein Waggon, die bis zu dem Tag als Leihgabe auf dem Außengelände eines Museums an der Monumentenbrücke standen. Als ein Mitglied des verleihenden Vereins die Schienenfahrzeuge gestern Abend gegen 19 Uhr abholen wollte, erklärte ihm ein Verantwortlicher des Museums, dass am vergangenen Mittwoch ein 58-Jähriger auf der Ausstellungsfläche erschienen war. Dieser hatte Anspruch auf die beiden Dieselloks und den Waggon erhoben und angegeben, dass es einen Käufer für die Fahrzeuge gäbe. Gemeinsam mit einem Lokführer fuhr er mit der Bahn davon. Ersten Erkenntnissen zufolge führte die Fahrt nach Brandenburg südlich von Berlin. Die weiteren Ermittlungen hat die Bundespolizei übernommen.
+
Letztes Wort
„Jesu receive my soul; O Lord God, have pity on my soul. To Christ I commend my soul.“ („Jesus empfange meine Seele. O Herrgott, hab Erbarmen mit meiner Seele. Jesus empfehle ich meine Seele.“) [hingerichtet]
Anne Boleyn, zweite Frau von Heinrich VIII. von England, 1536
Unterwegs zu relevanten Orten