8.2.
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Verarmungswahn
Das Wort „arm“ sagt für sich noch nichts Hinlängliches aus. Arm an was, worin arm, bitte schön? Stell dir vor, es gibt Armut und keiner merkt es. Eine Landschaft ist arm, weil nicht abwechslungsreich. Eine andere ist es, weil ihre Böden nicht genug Feldfrüchte für alle hervorbringen. Ein Mensch kehrt von seiner Arbeit nach Hause und trifft auf einen fast leeren Kühlschrank. Das Einzige, woran es Überfluss hat, ist die Informationsflut der Medien Fernsehen und Internet. Dieses als Zweibahnstraße taugt zum Austausch und eröffnet alle sozial wünschbaren Möglichkeiten. Wir müssen nur mitmachen. Bis in die Puppen. Wir verbringen nahezu unsere gesamte freie Zeit im Internet. Das verändert auch das Essverhalten. Wir können alles gleichzeitig bekommen: die Zeit totschlagen, die Welt verändern, verhungern.
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Algerien beugt vor
Paris – Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika hat angekündigt, dass der seit 19 Jahren bestehende Ausnahmezustand ‚in naher Zukunft‘ aufgehoben werde. Vor dem Hintergrund der Erschütterungen in Ägypten und im benachbarten Tunesien sagte der Präsident am Donnerstag während einer Kabinettssitzung ferner, das staatliche Monopol-Fernsehen und der Rundfunk sollten sich für die Parteien der Opposition weiter öffnen und mehr über sie berichten. Zugleich warnte Bouteflika, erweiterte Freiräume dürften ‚unter keinen Umständen zum Abgleiten in die Anarchie führen‘. Erstmals erwähnte Bouteflika die Proteste gegen Preiserhöhungen, bei denen in Algier zwischen dem 4. und 9.Januar fünf Menschen getötet und mehr als 800 verletzt wurden. Er betonte, er verneige sich vor dem Andenken der Opfer und sprach von ‚bedauerlichen Auswüchsen‘.
Für den 12. Februar haben Oppositionsparteien, Gewerkschaften, Studenten und Menschenrechtler eine Protestdemonstration angekündigt. SZ vom 5.2.
Opposition fordert Aufhebung des Ausnahmezustands
Algier – Ungeachtet eines behördlichen Verbots wollen Demokratieaktivisten in Algerien für politische Reformen demonstrieren. Die für kommenden Samstag geplante Demonstration wird von Gewerkschaften, Jugendorganisationen und Oppositionellen organisiert. Die Behörden verbieten solche Kundgebungen in der Hauptstadt, wollten den Demonstranten jedoch zugestehen, ein Treffen in einer Halle in Algier abzuhalten. Der Präsident der Algerischen Liga für die Verteidigung der Menschenrechte (LADDH), Mustapha Bouchachi, sagte am Montagabend, der Marsch werde stattfinden.
Angesichts der Volksaufstände im benachbarten Tunesien und in Ägypten fordern die Aktivisten auch für Algerien politische Reformen. Zudem verlangen sie die Aufhebung des seit 20 Jahren andauernden Ausnahmezustands. Etliche Algerier hatten mit öffentlichen Selbstverbrennungen für Schlagzeilen gesorgt. Im Jänner waren bei Unruhen mindestens fünf Menschen in dem nordafrikanischen Land ums Leben gekommen. Die Regierung kündigte daraufhin vorübergehende Preisnachlässe für Speiseöl und Rohrzucker an.
Algerien wird seit 1999 von Präsident Abdelaziz Bouteflika regiert, der vollständig vom Militär abhängig ist. Um einen Erdrutschsieg der Islamischen Heilsfront (FIS) bei den ersten pluralistischen Wahlen Ende 1991 zu verhindern, hatte das algerische Militär den Urnengang abgebrochen, den Ausnahmezustand verhängt und die islamistische Partei verboten. Dies führte zu einem mehrjährigen Bürgerkrieg mit schätzungsweise 200.000 Toten. (der standard, APA, 8. 2.)
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Ausnahmezustand in Tunesien wird aufgehoben
Tunis (dpa) – Drei Wochen nach dem Sturz von Staatschef Zine el Abidine Ben Ali hat die tunesische Übergangsregierung das Ende des Ausnahmezustand im Land angekündigt. Die seit Mitte Januar geltende nächtliche Ausgangssperre und die anderen Sonderregelungen sollten in der kommenden Woche aufgehoben werden. Das teilte der tunesische Tourismusminister mit. Die Sicherheitslage habe sich demnach in den letzten Tagen deutlich verbessert. Unterdessen drückten zahlreiche Tunesier den Regimegegnern in Ägypten bei einer Demonstration ihre Unterstützung aus. Focus online, 4.2.
Im Extrablatt der Abendblätter vom 17.1. war das Porträt von Rachid Ghannuchi eingestellt. Mittlerweile ist er auf tunesischem Boden angekommen.
Tunis. Nach 22 Jahren im Exil ist der Führer der islamistischen Ennahda-Bewegung nach Tunesien zurückgekehrt.
Mit Begeisterung empfingen ihn am Sonntag Tausende Menschen am Flughafen von Tunis. „Die Muslime werden nicht aufgeben“, riefen sie. Sheikh Rachid Ghannuchi hatte seit der Verbannung durch den mittlerweile gestürzten Präsidenten Zine al-Abdine Ben Ali in 1989 in London gelebt. Islamisten waren zwar früher die stärkste Oppositionskraft in Tunesien, hatten aber bei dem jüngsten Volksaufstand keine bedeutende Rolle gespielt. Experten sagen jedoch, die Islamisten könnten sich jetzt wieder zu einer bestimmenden politischen Kraft entwickeln.
Am Tag vor seiner Rückkehr hatte Ghannuchi der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, seine Partei werde wichtig sein für die „Verankerung eines demokratischen Systems, für soziale Gerechtigkeit und ein Ende der Diskriminierung verbotener Gruppen“. Es wird erwartet, dass Ennahda an den zukünftigen Wahlen teilnehmen wird, deren Zeitpunkt von der Übergangsregierung aber noch nicht bestimmt wurde. „Wir beteiligen uns, damit wir uns von einem Ein-Partei-System zu einem Mehrparteien-System ohne Korruption und Unterdrückung entwickeln können“, sagte Ghannuchi weiter. Reuters, 30.1.
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„Ich habe allmählich das Gefühl, dass die Opposition anfängt zu überdrehen“, meinte gestern Frau von der Leyen über die Vertreter der Opposition beim Versuch der Legalisierung des Hartz-IV-Satzes.
Wer sitzt eigentlich im Vermittlungsausschuss des Bundesrates? Auffällig ist, dass die reichen Bundesländer und die Mehrheit der neuen die Anwesenheit dort zur Chefsache machen. Über den Bundestag sind auch Vertreter der Nicht-Volksparteien vertreten: zwei Linke, zwei Freidemokraten und – ein Grüner!
Mitglieder des Deutschen Bundestages (17. Wahlperiode)
* Peter Altmaier (CDU)
* Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen)
* Helmut Brandt (CDU)
* Dagmar Enkelmann (Die Linke)
* Jörg van Essen (FDP)
* Elke Ferner (SPD)
* Hans-Peter Friedrich (CSU)
* Heinrich Leonhard Kolb (FDP)
* Ulrich Maurer (Die Linke)
* Michael Meister (CDU)
* Thomas Oppermann (SPD)
* Joachim Poß (SPD)
* Karl Schiewerling (CDU)
* Olaf Scholz (SPD)
* Thomas Strobl (CDU), abwechselnd mit Jens Böhrnsen Vorsitzender des Ausschusses
* Antje Tillmann (CDU)
Mitglieder des Bundesrates
* Baden-Württemberg: Stefan Mappus (CDU)
* Bayern: Horst Seehofer (CSU)
* Berlin: Ulrich Nußbaum (parteilos)
* Brandenburg: Günter Baaske (SPD)
* Bremen: Jens Böhrnsen (SPD), abwechselnd mit Thomas Strobl Vorsitzender des Ausschusses
* Hamburg: Dietrich Wersich CDU
* Hessen: Volker Bouffier (CDU)
* Mecklenburg-Vorpommern: Erwin Sellering (SPD)
* Niedersachsen: Bernd Busemann (CDU)
* Nordrhein-Westfalen: Norbert Walter-Borjans (SPD)
* Rheinland-Pfalz: Malu Dreyer (SPD)
* Saarland: Peter Müller (CDU)
* Sachsen: Stanislaw Tillich (CDU)
* Sachsen-Anhalt: Wolfgang Böhmer (CDU)
* Schleswig-Holstein: Rainer Wiegard (CDU)
* Thüringen: Christine Lieberknecht (CDU)
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EKD-Vorsitzender Nicolaus Schneider kam aus Afghanistan zurück und sprach: Dort würde kein Krieg geführt sondern ein Raum der Sicherheit für den zivilen Aufbau geschaffen und verteidigt. Mit dieser Sprachvariante hat er den Zustand wieder gesegnet, über den Vorgängerin Käßmann noch binnen Jahresfrist den Stab gebrochen hatte: „Es ist nichts gut in Afghanistan.“
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Letztes Wort
„Enfants de la Patrie, vous vengerez ma mort!“ („Kinder des Vaterlandes, rächt meinen Tod.“) [hingerichtet]
Olympe de Gouges, französische Frauenrechtlerin, 1703, Art. 10 der von ihr verfassten „Rechte der Frau“ lautet: „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen.“ Man wollte hinzufügen: ein Schafott bestiegen zu haben sei keine Voraussetzung für das Erklimmen einer Rednertribüne.