berliner abendblätter 2.00 am 9.11.

9.11.
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Es ist alles vorbei
09:52 Uhr: Die Tore schließen sich
Alle LKW sind in das Zwischenlager Gorleben eingefahren, die Tore haben sich hinter den LKW geschlossen. Um 9.52 Uhr passiert der letzte Tieflader die Einfahrt. Mit einer Gesamtdauer von beinahe vier Tagen war der elfte Castortransport von La Hague nach Gorleben der bislang längste überhaupt.
09:47 Uhr: Castor erreicht Gorleben
Nach rund 92 Stunden hat der Castortransport das Zwischenlager Gorleben erreicht. Gegen 09.47 Uhr trifft der von starken Polizeikräften gesicherte Lkw-Konvoi mit den elf Behältern mit 123 Tonnen hochradioaktivem Atommüll in Gorleben ein.
Dienstag, 08:35: Atommüll rollt Richtung Gorleben
Der Castortransport mit 123 Tonnen hochradioaktivem Atomabfall geht auf die letzte Etappe: Die elf Tieflader verlassen den Verladebahnhof im niedersächsischen Dannenberg, um die letzten 20 Kilometer bis zum Atommüll-Zwischenlager Gorleben auf der Straße zurückzulegen. Der Konvoi bewegt sich über die nördliche der beiden möglichen Routen Richtung Gorleben. Sie führt über Quickborn und Langendorf nach Grippel, wo sie auf die Südroute trifft.
07:30: Die Straße ist frei
Die Polizei hat die Blockade vor dem Zwischenlager Gorleben vollständig geräumt. Auch Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood, die sich an Seilen über die Zufahrtsstraße gehängt hatten, haben die Einsatzkräfte nach dreieinhalb Stunden heruntergeholt. Damit ist der Weg für den Castor-Konvoi aus dem Verladebahnhof Dannenberg frei. Auf der Zufahrtsstraße hatten zeitweise bis zu 4.000 Menschen fast 45 Stunden auf Strohsäcken und Isomatten ausgeharrt.
06:15: Polizei holt letzte Aktivisten aus „Bierlaster“
Mehr als elf Stunden nach dem Beginn der Greenpeace-Blockade des Verladebahnhofs Dannenberg durch einen als Bierlaster getarnten Lkw holt die Polizei die beiden einbetonierten Aktivisten aus dem Laster. Die Einsatzkräfte hatten Presslufthämmer und Trennschleifer gebraucht, um die Aktivisten aus dem Beton zu lösen. Bereits eine Stunde zuvor hatten Polizisten die ersten der ursprünglich fünf Mitglieder der Umweltorganisation aus dem acht Meter langen umgebauten Brauereifahrzeug entfernt.
03:20 Uhr: Die Straße wird geräumt
Die Polizei beginnt mit der Räumung der Blockade vor dem Zwischenlager in Gorleben. Nachdem sie die Demonstranten zum dritten und letzten Mal aufgefordert hat, das Areal zu verlassen, fangen die Einsatzkräfte an, die ersten Castor-Gegner von der Straße zu tragen. Nach ihren Angaben belagern etwa 3000 Atomkraftgegner die Straße, die Kampagne „X-tausendmal quer“ spricht von etwa 4000.
02.55 Uhr: Polizei räumt Betonpyramide aus dem Weg
Die Betonpyramide ist beseitigt. Nach knapp fünf Stunden hat die Polizei das Hindernis, an dem sich vier Aktivisten der „Bäuerlichen Notgemeinschaft“ mit ihren Armen festgekettet hatten, entfernt. Mit einem Hubwagen wurde der etwa 1,50 Meter hohe Block angehoben und von der Straße gezogen.
Dienstag, 00.05 Uhr: Spezialisten bearbeiten Lkw-Blockade
Spezialkräfte der Polizei versuchen, die Greenpeace-Blockade an der Ausfahrt des Verladekrans für den Castortransport in Dannenberg mithilfe von Trennschleifern zu beenden. Zeit spiele dabei keine Rolle, betont ein Sprecher der Einsatzkräfte. Wichtig sei, dass kein Demonstrant verletzt werde.
stern-ticker
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Vorgestern Kommunalwahl in Griechenland
60 Prozent Wahlbeteiligung unter der Bedingung der Wahlpflicht hat die Kommunalwahl in Griechenland hervorgerufen. 10 Prozent der Wählenden machten darüber hinaus ihren Wahlzettel ungültig. Dabei wurde aber nicht der Stab über die regierende Partei PASOK gebrochen. Der Rubikon wäre der Verlust der stärksten Position unter den Parteien gewesen. Die Arbeiterpartei von Giorgos Andrea Papandreou hat 10 Prozent verloren und liegt mit 33 Prozent noch vor den Gegnern. Es wird keine Neuwahl zur Landesregierung ausgerufen werden.
Im Wahlkampf hatte eine Stelle aus Peer Steinbrücks Buch „Unterm Strich“ in Griechenland Wellen geschlagen, welche Gischt ins Gesicht des Papandreu-Sprosses getrieben hatten. Sie lautet:
„Als mich der heutige Ministerpräsident Giorgios Papandreou noch als Oppositionspolitiker Ende Januar 2009 besuchte, hatte er keinerlei Illusionen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Lage Griechenlands und war sich der immensen Herausforderung im Falle seiner Wahl sehr bewusst. Nachdem ich seine Frage nach den deutschen Konsolidierungsanstrengungen zwischen 2006 und 2008 und nach Empfehlungen zur griechischen Situation beantwortet hatte, verabschiedete er sich mit der ironischen Bemerkung, dass er nun nicht mehr so sicher sei, die Wahl wirklich gewinnen zu wollen. Er wusste um die heißen Kastanien, die ihm die damals noch amtierende konservative Regierung von Kostas Karamanlis hinterlassen würde – und die er nun als Regierungschef aus dem Feuer holen muss.“
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135 von 143 Stimmen
Nikolaus Schneider (63), Präses der rheinischen Landeskirche, wurde als 12.Ratsvorsitzender der EKD seit 1945 bestätigt. Er ist nun vom kommissarischen zum echten Nachfolger Margot Käßmanns für sechs Jahre ins Amt gewählt und repräsentiert 23.500.000 Protestanten in Deutschland.
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Nachher um 18.57 Uhr wieder die Gedenkminute Mauerfall. Der 9. November ist und bleibt aber auch der Tag der offenen Kriegserklärung des deutschen Staates an seine jüdischen Mitbürger. In den Schulbüchern stehen die Alliierten als Kriegsgegner Hitlers: Frankreich, das Vereinigte Königreich, die SU und die USA. In Prag ist Hitler schon am 15.März 1939 einmarschiert, in Polen am 1.9. des Jahres eingefallen.
Eine hübsche Farce spielte an einem 9. November im Jahre 1967 in Hamburg. Panzerjagdbataillonsfüher Werner Ludwig Ehrlicher, ein später bundesverdienstbekreuzter Wirtschaftswissenschaftler, der heute in Freiburg i. Br. lebt, wurde feierlich ins Rektoratsamt der Universität eingeführt und den Studenten Behlmer und Albers gelang es, vor den talarten Eminenzen ein Transparent zu tragen, das vielfach fotografiert werden konnte: Unter den Talaren der Muff von 1.000 Jahren, ein mittlerweile geflügeltes Wort.
Aus dem Spiegel-Bericht von damals:
„Es ging weiter wie in einem Krimi: Sieben Tage lang suchten die Studenten einen Professor, der ihnen im Audimax zugerufen hatte: „Sie gehören alle ins Konzentrationslager.“ Am Tatort hatte der Philologiestudent Dr. jur. Wolfgang van den Daele, 28, den Rufer am Talar gepackt und vergebens nach dem Namen gefragt. Am Mittwoch vergangener Woche war der Täter gefaßt und geständig: Bertold Spuler, 55, ordentlicher Professor für Islamkunde. Er beantragte ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst.“
Spuler, so etwas wie das Urbild des „braven SA-Mannes“, Herausgeber des Handbuchs der Orientalistik (1952ff), wurde auf Zeit suspendiert. Er ist 1990 gestorben und kann nicht mehr die Diskussion um den Islam-Unterricht begleiten. Zu Wehrmachtszeiten unterrichtete er moslemische Feldgeistliche in der Wehrmacht am Islam-Institut Göttingen.
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Letztes Wort
„Oh, I am not going to die, am I? HE will not separate us, we have been so happy.“ („Oh, ich werde nicht sterben, oder? ER wird uns nicht trennen, wir waren doch so glücklich.“) [zu ihrem Mann Arthur Bell Nicholls, den sie erst neun Monate zuvor ehelichte]
Charlotte Brontë, britische Schriftstellerin, 1855