25.10.2012 ff.: makeup bei kurt-kurt

HERZLICHE EINLADUNG

Kurt-Kurt
Kunst und Kontext im Stadtlabor Moabit

präsentiert die Ausstellungsreihe Temporarily Available

Ausstellung 1:

makeup

Malerei Installation von Tom Früchtl

Eröffnung Donnerstag, 25.10.2012 um 19 Uhr

Ausstellung 26.10 – 10.11.2012
Öffnungszeiten Do – Sa, 16 – 19 Uhr
sowie zum Ortstermin Moabit
am 27.10.2012 von 14 – 19 Uhr und 28.10.2012 von 12-18 Uhr

Finissage Sa, 10.11. 2012 um 19 Uhr
Soundperformance mit alarm came hidden
(Elisa C., Tom Früchtl, Thomas Jocher)

Kurt-Kurt | Lübecker Str. 13 | 10559 Berlin | 030-397 46 942 | www.kurt-kurt.de

makeup

Alles reine Farbe (Das Artifizielle im vermeintlich Echten)

Beim ersten Blick fragt man sich, warum der Künstler Tom Früchtl oder die Ausstellungsmacher die Pappschachteln nicht vor der Eröffnung weggeräumt oder einfach in der Lübecker Straße liegen gelassen haben, wo sie sich problemlos ins alltägliche Kiezbild einfügen würden. Beim näheren Hinsehen wird der Betrachter von Neuem überrascht. Der vermeintliche „Müllhaufen“ entpuppt sich als Malerei. Minuziös hat der Künstler Tom Früchtl die einzelnen Kartonschachteln 1:1 übermalt.
Tom Früchtl spielt mit der vordergründigen Wirkung der Dinge, die er durch sein Konzept des Übermalens bricht und dadurch eine Reihe von Fragen auslöst: Wo hört der Gegenstand auf und wo fängt die Malerei an? Geht es hier um Illusion oder Inszenierung? Zeigt uns Tom Früchtl ein Bild oder ein Abbild?
Diese Fragen stehen ebenfalls im Zentrum der zweiten Installation im hinteren Raum. Hier überspannt Tom Früchtl das Irritationsmoment fast noch stärker. Im halbdunklen Raum steht einzig eine Lampe, die ein Stück Wand beleuchtet und der Betrachter fragt sich, wo er hier in dieser banal alltäglichen Situation die künstlerische Arbeit suchen soll. Und genau in diesem Moment der Reflektion, dessen Tragweite sich erst auf den zweiten Blick offenbart, setzt die Kunst von Tom Früchtl an. „Ceci n’est pas une pipe“ (Das ist keine Pfeife) sagte Magritte. Und Tom Früchtls Werk sagt: Das ist kein Licht.
Oder führt uns Tom Früchtl mit seiner Strategie von maximalem künstlerischen Einsatz und minimalem Effekt ganz einfach hinters Licht?

Zusätzlich zu den beiden Malerei Installationen werden in der Ausstellung makeup kleinere Bildformate und der soeben im Kehrer Verlag erschienene Katalog „Not unreal“ von Tom Früchtl präsentiert.

Temporarily Available

Artur Żmijewski, der Leiter der diesjährigen Berlin Biennale sagte, die ganze Welt ist unsere Nachbarschaft.
Dieser Art des globalisierten Denkens sind wir tatsächlich längst unterworfen. Besonders die Künstler. Erfolgreich stellen sie international aus und reisen durch die Welt. London Paris New York Peking Moskau. Überall treten sie als temporäre Gastarbeiter auf und hinterlassen künstlerische Werke in Ausstellungen. Diese Werke können rezipiert werden, doch letztlich sind es „nur“ Bilder und bleiben Oberfläche. Wo sind die Menschen hinter diesen Bildern? Wo und wer sind die Künstler?
Das Projekt Temporarily Available setzt bei dieser Fragestellung an. Im Gegenzug zu Żmijewskis Aussage werfen wir unseren Blick auf unsere tatsächliche Nachbarschaft im Berliner Stadtteil Moabit und stellen fest, dass einige der weltweit erfolgreich agierenden Künstlerinnen und Künstler hier zu Hause sind. Wenn sie denn zwischen den vielen Reisen tatsächlich mal zuhause sind: Temporarily Available.

Das Projekt im Kurt-Kurt ist ein mehrteiliges, in sich geschlossenes Ausstellungsprojekt mit seriellem Charakter. Exemplarisch werden in einer Reihe aufeinander folgender Ausstellungen international agierende Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die nicht nur so unterschiedliche Bereiche wie Skulptur, Objekt, Malerei, Fotografie und Installation in ihrer künstlerischen Arbeit abdecken, sondern die sich vor allem bewusst in Berlin-Moabit verortet haben. Sie sind hier zu Hause und sie sind unsere Nachbarn.
Ziel der Ausstellungen ist es einerseits, eine Kunstproduktion zu zeigen, die hier vor Ort ihren Ausgangspunkt hat und dann in die Welt ausstrahlt. Andererseits wollen wir einen Blick hinter die „Bilder“ werfen und den Menschen dahinter sichtbar machen. Er wird „temporarily available“.
Im Dialog mit den vor Ort „heimischen“ Künstlern wird über die künstlerischen Strategien hinaus die gemeinsame Alltagswelt hinterfragt und besprochen. Die Intimität und Überschaubarkeit des in Moabit verorteten und gut vernetzten Projektraumes Kurt-Kurt im Geburtshaus von Kurt Tucholsky bietet hierzu einen idealen Rahmen. Diese besondere Situation abseits der großen Institutionen öffnet einem interessierten Kunstpublikum aber auch der sonst am Kunstdiskurs kaum teilhabenden Nachbarschaft die Möglichkeit, Zugang zu den Werken, aber auch zu den Menschen hinter dem Werk zu bekommen. Im Gegenzug bietet Temporarily Available auch den weltweit agierenden Künstlern eine für sie ungewohnte Plattform vor ihrer eigenen Haustür, wo sie ihre Arbeit außerhalb des Arbeitsraumes und dennoch innerhalb ihres ganz alltäglichen Kontextes präsentieren und selbst neu reflektieren können.

Ein weiterer zentraler Aspekt von Temporarily Available ist die Betrachtung der zeitgenössischen Figur des Künstlers als einem Pendler zwischen Migration, permanentem künstlerischem Gastarbeiter und der Verortung an einer bewusst gewählten festen Basis. Alle eingeladenen Künstlerinnen und Künstler sind zugezogene „Neuberliner“, haben also sozusagen Migrationshintergrund. Wie die meisten ihrer Nachbarn in Moabit eben auch. Die Künstler sind es gewohnt, ihre Arbeit an fremden Orten weiterzuführen. Die Arbeit als eingeladener Gast in fremden Umgebungen gehört zu ihrem Beruf. Es ist ihnen bekannt, dass Kunst im Austausch und in der Begegnung mit dem Anderen und Fremden das Eigene in seiner Unverwechselbarkeit
wahrnehmbar macht und hervortreten lässt.
Was geschieht nun, wenn die gleiche Kunst im Licht des Vertrauten präsentiert wird? Wie reagiert die Kunst auf den alltäglichen und somit naheliegenden Kontext und wie reagiert die Umgebung auf das hier Geschaffene? Wie lebt und arbeitet der international agierende Künstler lokal?

Kurt-Kurt | ein Projekt von Simone Zaugg und Pfelder im Geburtshaus von Kurt Tucholsky
Lübecker Straße 13 | 10559 Berlin | Tel: +49 30 397 46 942

www.kurt-kurt.de