Glitter and be gay. Erik Charell und die schwule Operette

Aktuelle Ausstellungen im schwulen Museum, Mehringdamm 61.
08.07.2010 – 27.09.2010

„Glitter and be gay. Erik Charell und die schwule Operette“

Eröffnung: 07. Juli 2010, 19 Uhr

Ort: Schwules Museum, EG (Eingang 1. Hof) Mehringdamm 61, 10961 Berlin (Räume bedingt barrierefrei zugänglich: drei Stufen)

Das Schwule Museum präsentiert die weltweit erste Ausstellung zu Leben und Werk des schwulen Tänzers, Choreographen und Theaterleiters Erik Charell (1894-1974), einem der großen ‚Macher‘ der glanzvollen Revueoperetten der Zwanziger Jahre in Berlin. Zugleich widmet sich diese Ausstellung international erstmalig dem Thema „Homosexualität & Operette“.

Erik Charell holte in den Zwanziger Jahren die Revue und Revueoperette von Weltformat nach Berlin und erzielte mit Produktionen wie Von Mund zu Mund (mit Claire Waldoff und Marlene Dietrich), Casanova (mit den Comedian Harmonists), Drei Musketiere (mit Siegfried Arno) und Im weißen Rössl (mit Max Hansen, Otto Wallburg und Paul Hörbiger) Erfolge, die bis heute Maßstäbe setzen, was die Verbindung von Bewegung, Musik, Ausstattung, Stars und Glamour angeht. Aber auch was die Verflechtung von homosexuellem Subtext mit massentauglicher Unterhaltung betrifft (alle Titel mit Musik von Ralph Benatzky). Anfang der Dreißiger Jahre wechselte Charell zum neuen Erfolgsmedium Tonfilm und lieferte mit Der Kongress tanzt (Musik W.R. Heymann) einen weiteren Welterfolg, der bis heute inter- national als Klassiker des Genres Musikfilm gilt. 1950 kreierte Charell mit Feuerwerk („O mein Papa!“) die erfolgreichste Operette der Nach- kriegszeit (Musik Paul Burkhard). Danach zog er sich aus Frustration über die deutsche heimatfilmselige Operettenszene vom öffentlichen Leben zurück und sammelte professionell Kunst.

Thomas Hermanns gründete kürzlich als Hommage an Charell die Interessensgemeinschaft „East End: Das Theaterviertel in Berlin“. Er sagt:
„Erik Charell ist bis heute in der breiteren deutschen Kulturszene kein household name – und das muss sich ändern! Der Regisseur und Impressario der großen Revueoperetten der 1920er Jahrem, der Vater des Weißen Rössl und von Der Kongress tanzt, der Entdecker der Comedian Harmonists, Marlene Dietrich und Joseph Schmidt sowie seine Zeit am Großen Schauspielhaus verkörpert für mich bis heute den Glamour und den Schwung des wohl unterhaltsamsten Theaterjahrzehnts der deutschen Hauptstadt. […] Hier war unter Charells Regime immer schon Witz, Musik, Glanz und Sexiness Trumpf, hier turnten schöne Tänzer in knackigen Lederhosen durch ein üppiges Bühnenbild vom Wolf- gangsee, hier war ‚Camp’ König, bevor es den Begriff überhaupt gab. Ich finde, wir könnten alle in Berlin, hier und heute, ab und zu ein bisschen Charellschen Schwung vertragen, wenn wir zwischen West Berliner Mauligkeit und Mitte-Schick ein wenig an der Seele darben und uns nach etwas Glanz sehnen. Erik Charell war der größte Glanz Berlins!“

Für die Ausstellung im Schwulen Museum konnten viele Zeugnisse zu Charells Leben und Wirken aus Berlin, München, Köln, Zürich und New York zusammengetragen werden, inkl. eines 3D-Architekturmodells vom Großen Schauspielhause, originale Kostüm- und Bühnenbildent- würfe von Ernst Stern, Fotos der Charell-Stars und der legendären Bühnen- und Filmproduktionen aus Berlin, München, Paris, London, Broadway und Hollywood.
Die Ausstellung wird kuratiert von Dr. Kevin Clarke (Direk- tor des Operetta Research Centers in Amsterdam, Autor mehrerer Bücher und Artikel zu Charell), Wolfgang Theis (Vorstand des Schwulen Museums) und Anke Vetter.

Letzte Führung durch die Ausstellung am Sonntag, dem 26.9., um 14.30 Uhr.

für mich die gelungenste ausstellung zu berlins goldenen zwanzigern, die in den letzten knapp 30 jahren stattfand. (m.b.)