Jour Fixe im Werkbundarchiv: "Die Schaufensterpuppe – Ästhetische Strategien in Kunst und Warenkultur im frühen 20. Jahrhundert"

Ein Vortrag von Dr. Claudia Peppel
am Montag, den 7. März um 19 Uhr

Wie kaum ein zweites modernes Objekt schafft die Schaufensterpuppe den Brückenschlag zwischen Waren- und Bilderwelt, zwischen Kunstobjekt und der Neuschöpfung des modernen Menschen. Der Erfolg einer Schaufensterpuppe hängt von der Verkörperung des Zeitgeistes ab. In der Retrospektive lässt sie die Zeit- und Kulturgebundenheit von Persönlichkeitstypen hervortreten und gewährt Einblicke in wechselnde Körperideale und Vorstellungen von geschlechtlicher und warenästhetischer Repräsentation.

eine der Puppen, von denen die Rede sein wird...

Der Vortrag widmet sich der Wechselwirkung zwischen Kunst und Alltagskultur – einer der wichtigsten Aspekte der Waren- und Objektgestaltung des frühen 20.Jahrhunderts. Die vielfältigen Verbindungen, die Kunst und Technik unter ästhetischen Gesichtspunkten miteinander eingehen, führen zu einer Erschließung neuer Wirkungsfelder im Rahmen von Kunstgewerbe, Mode und Warenkultur.

Zunehmend werden in den zehner und zwanziger Jahren für die Schaufenstergestaltung und Schaufensterpuppenkreationen Anleihen bei den Avantgardekünstlern gemacht und die Künstler lassen sich im Gegenzug von der Aura der Warenwelt inspirieren. Waren- und Modekreationen wie auch neue Formen der Präsentation zielen auf eine grundsätzliche Erweiterung dessen, was zur Kunst zu zählen ist. Schaufenster avancieren zu einem zentralen Bestandteil urbanen Lebens und zu Orten künstlerischer Weltaneignung, denn ihre Rituale und Zeichen kommen in ihrer Wirkung oft denen der Kunstwelt sehr nah. Als einer der ersten deutschen Künstler realisiert der Bildhauer Rudolf Belling an einer modernen Schaufensterpuppe die futuristischen Forderungen nach Aushöhlung, Raumhaltigkeit und Vielansichtigkeit der Plastik. Die Kombination von Warenkörper und Kunstobjekt und ihr Eindringen in die Alltagskultur eröffnet eine bis heute fortgesetzte Tradition künstlerischer Bezugnahmen.

..und eine weitere..

Dr. Claudia Peppel hat in Berlin und Rom Romanistik studiert, promovierte an der TU Darmstadt zu den Körperimaginationen im Werk Giorgio de Chiricos, arbeitet als wissenschaftliche Koordinatorin am ICI Berlin Kulturlabor und ist Dingpflegerin einer Schaufensterpuppe aus der Sammlung des Werkbundarchiv – Museum der Dinge.

Der Jour fixe dient einem regelmäßigen, informellen Austausch zwischen den MuseumsmitarbeiterInnen, dem Publikum und geladenen Gästen über aktuelle Ausstellungen, Arbeitsfelder und Sammelgebiete des Museums sowie andere thematisch und museologisch relevante Fragen.

Werkbundarchiv – Museum der Dinge
Oranienstraße 25
10999 Berlin

tel. 030 – 921 063-11

info@museumderdinge.de
Der Eintritt ist frei.